Bedeutung von Jod für Schilddrüse und Stoffwechsel
Die Produktion der Schilddrüsenhormone
Der Körper eines Erwachsenen mit adäquater Jodversorgung verfügt über einen Jod-Bestand von etwa 10-30 mg. Der Großteil befindet sich mit rund 80 % in der Schilddrüse. Außerdem ist Jod in Muskulatur, Galle, Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), Speicheldrüsen und in verschiedenen Teilen des Auges (Ringmuskel, Fettgewebe) zu finden.
Jod benötigt unser Körper in erster Linie für die Produktion der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). T3 und T4 sind Bestandteile des thyreotropen Regelkreises, auch Hypophysen-Schilddrüsen-Regelkreis genannt. Dieser Regelkreis reguliert über das Zusammenspiel von Thyreotropin (Thyreoidea-stimulierendes Hormon – TSH) aus der Hypophyse mit Trijodthyronin und Thyroxin die Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blutplasma.
Wie wichtig Jod für den Organismus ist, machen die zahlreichen Prozesse deutlich, an denen die Schilddrüsenhormone entscheidend mitwirken.
Die Schilddrüsenhormone:
- steuern Energieverbrauch und steigern den Grundumsatz (erhöhter Sauerstoffverbrauch in den Geweben, gesteigerte Fettverbrennung, verminderte Glukosetoleranz bzw. erhöhte Verstoffwechselung von Glukose)
- fördern Wachstum und Entwicklung des Kindes (schon im Mutterleib)
- regulieren das Herz-Kreislauf-System und den Blutdruck
- steuern Nerven und Muskeln
- verbessern die körperliche Leistungsfähigkeit
- regulieren die Körpertemperatur
- stärken die Abwehrkräfte
- erhöhen die Konzentrations- und Merkfähigkeit
- wirken stimmungsaufhellend
- steuern Fruchtbarkeit bei Mann und Frau
- regeln Darmmotilität und Verdauung
Dementsprechend wirken sich dauerhafte Beeinträchtigungen der Jodversorgung auf zahlreiche Körperfunktionen aus.
Verfügt der Organismus über zu wenig Jod, führt dies zunächst zu einer euthyreoten Kropfbildung: Die Schilddrüse wächst und ist vergrößert, arbeitet aber normal. Ein chronischer Jodmangel schränkt die Hormonproduktion ein. Die Schilddrüse versucht, dies durch Wachstum auszugleichen. Es bildet sich ein Jodmangelkropf. Mit der Kropfbildung geht eine Strukturveränderung des Schilddrüsengewebes einher und neben der diffusen Vergrößerung (Struma diffusa) entstehen auch häufig noch zusätzlich Knoten (Struma nodosa).
Ein ausgeprägter Jodmangel mündet in eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose): Sie produziert weniger T3 und T4 (und entsprechend weniger fT3 und fT4) und es kommt zu schwerwiegenden Stoffwechsel- und Entwicklungsstörungen.
Erhält umgekehrt der Körper dauerhaft zu viel Jod, steigt bei entsprechend veranlagten Menschen das Risiko, eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Morbus Basedow, Hashimoto Thyreoiditis) zu entwickeln. Bei der immer häufiger werdenden Hashimoto-Thyreoiditis greifen dann körpereigene Abwehrzellen fälschlicherweise das Schilddrüsengewebe an und es kommt zu chronischen Entzündungsprozessen, aus der schließlich oft eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) resultiert.
Jod in unserem Körper
Jod wird (in Form von Jodid) fast vollständig über den Dünndarm in den Blutkreislauf aufgenommen und gelangt so in die Schilddrüse. Die Schilddrüse kann etwa 40 % des Jods aus dem Blut aufnehmen und anreichern. Der Rest wird über die Nieren ausgeschieden.
Das von der Hypophyse gebildete Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) steuert den Transport von Jod in die Schilddrüsenepithelzellen (Thyreozyten), die hormonproduzierenden und follikelbildenden Zellen der Schilddrüse.
Die Schilddrüse speichert die produzierten Hormone und gibt sie je nach Bedarf ins Blut ab. Im Blut sind Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) fast vollständig an Transporteiweiße, wie thyroxin-bindendes Globulin (TBG), Transthyretin und Albumin, gebunden. Nur ein sehr geringer Anteil liegt ungebunden vor. Man unterscheidet freies T3 (fT3) und freies T4 (fT4). Nur die freien Hormone sind für den Stoffwechsel wirksam.
Neben Jod sind v. a. Selen und Eisen für die Herstellung der Schilddrüsenhormone wichtig: Selen für die Dejodasen, Enzyme für die Umwandlung von T4 in das biologisch aktive T3 und die Freisetzung von Jodid in den Extrazellularraum; Eisen für manche Enzyme, die bei der Synthese von Thyroxin mitwirken.
Andere Stoffe beeinträchtigen den Transport von Jodid durch den Verdauungsapparat (Gastrointestinaltrakt) und in der Schilddrüse. Hierzu zählt Nitrat, das wir mit Lebensmitteln (z. B. Spinat, Radieschen, Rettig) und über das Trinkwasser zu uns nehmen.
Gelangt zu viel Nitrat in unseren Körper, steigt die Gefahr eines Jodmangels.
Messung des Jodgehaltes im Urin
Die individuelle Jodversorgung wird indirekt durch die Messung der Jodausscheidung im Urin bestimmt. Die Jodausscheidung kann im 24-Stunden-Urin oder auch im Spontanurin gemessen werden. Eine Ausscheidung von 100-200 µg gilt als optimale Jodversorgung. Werte unter 50 µg zeigen eine Unterversorgung an. Von einer mäßig zu hohen nicht mehr adäquaten Jodversorgung geht man bei Werten von über 200 µg aus.
Eine Jodausscheidung über 300 µg gilt als Zeichen einer Überversorgung, mit dem Risiko bei veranlagten Personen eine Hashimoto-Thyreoiditis oder eine jodinduzierte Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) auszulösen.
Man geht davon aus, dass in Deutschland etwa 10 % der Bevölkerung zu dieser Risikogruppe gehören.
In der sogenannten Greifswald-Studie aus dem Jahre 2002 konnte bei ca. 50 % eine optimale Jodversorgung nachgewiesen werden.
25 % der Bevölkerung waren immer noch mit Jod unterversorgt. Auf der anderen Seite wurde bei 20 % der Probanden eine mäßig erhöhte Jodausscheidung mit Werten über 200 µg gemessen. Eine exzessive Jodausscheidung über 300 µg konnte bei 5 % der Bevölkerung nachgewiesen werden.