Kritiker sprechen von Zwangsjodierung
So unzweifelhaft schädlich sich ein Jodmangel auf die Schilddrüse und den gesamten Organismus auswirkt, so sehr kann ein permanent überhöhtes Jodangebot die Gesundheit bei Personen mit entsprechender Disposition gefährden. Die im Zuge der sog. Jodmangelprophylaxe durchgesetzten Maßnahmen führten dazu, dass man sich heute der Aufnahme erhöhter Jodmengen praktisch nicht entziehen kann.
Kritiker sprechen daher von einer Zwangsjodierung, da es praktisch unmöglich ist, der Jodmangelprophylaxe aus dem Wege zu gehen.
Grund dafür ist die umfassende Verwendung von Jodsalz in der Lebensmittelindustrie, in der Gastronomie, bei der Herstellung von Fertiggerichten sowie vor allen Dingen der Beimischung von Jod ins Viehfutter.
Gießkannenprinzip und mangelnde Kennzeichnungspflicht der jodierten Produkte
Durch die zahlreichen Jodquellen im Alltag summieren sich die Jodmengen in unserem Körper. Zum Jod aus Jodsalz kommen weitere hohe Jodmengen aus tierischen Produkten, insbesondere aus Milch und Milcherzeugnissen, oft auch bei Bio-Produkten, sowie aus Fertigprodukten. Die Zwangsjodierung führt zu einer unkontrollierten und damit gesundheitsgefährdenden Mehr- bzw. Vielfachjodierung von Grundnahrungsmitteln. Anstatt im Zuge einer Vorsorge für tatsächlich von Jodmangel bedrohte Personen, wird Jod vielmehr im Gießkannenprinzip unter die Menschen gebracht.
Verschärft wird dieses Problem durch eine mangelnde Kennzeichnungspflicht. Während verpackte Lebensmittel einen Hinweis auf ihren Gehalt an Jodsalz benötigen, ist dies bei unverpackten bzw. losen Lebensmitteln (z. B. Brot, Backwaren, Wurst) nicht vorgeschrieben. Auch auf eine Jodierung (und die zugegebene Jodmenge) des verwendeten Tierfutters muss nicht hingewiesen werden.
Neben Fertigprodukten beinhalten daher erhöhte Jodmengen, vor allem Milch und Milchprodukte wie Butter, Quark, Joghurt, Käse oder Eier, aber auch Fleisch und Wurstwaren.
Diese müssen für den Verbraucher jedoch nicht ausgewiesen werden. Wie viel Jod ein Glas Milch, ein Ei oder ein Schnitzel enthält, bleibt für den Verbraucher in der Regel ein Geheimnis.
Untersuchungen des Max-Rubner-Instituts (MRI), des Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel, zeigen, dass über Milch, Eier und Geflügelfleisch deutlich erhöhte Jodmengen aufgenommen werden können.
Beispiel: Jodgehalt von Milch
Die Jod-Konzentration in Milch hängt linear von der Jodkonzentration des verwendeten Futters ab. Wurden die Futtermittel mit der zugelassenen Höchstmenge von 5 mg Jod je kg Trockensubstanz angereichert, stieg die Milchjodkonzentration auf durchschnittlich 1522 µg/kg an. Schon der Verzehr von einem Glas Milch (0,2 l) würde demzufolge zu einer Aufnahme von rund 300 µg Jod führen und den empfohlenen Jod-Tagesbedarf (180-200 µg/d) deutlich überschreiten. Der tatsächliche Jodgehalt von Milch hängt also vom Jod-Anteil im verwendeten Kraftfutter sowie vom Anteil dieses jodierten Kraftfutters im Gesamtfutter ab.
Wurde das jodierte Futter allerdings mit Rapsextrationsschrot (Glucosinolatgehalt 3,5 µmol/g Trockensubstanz) angereichert, sank die Jodkonzentration der Milch im Mittel auf 671 µg/l.
Aus jodiertem Futtermittel gewonnene Milch kann also nicht nur eine bedeutende Jodquelle für die Ernährung darstellen, sondern leicht zu erhöhten Tagesdosierungen führen. Für eine gesundheitsbewusste Ernährung ist der Verbraucher gezwungen, bei der Einschätzung des Milchjodgehaltes in Konsummilch auch den Anteil der glucosinolhaltigen Futtermittel zu berücksichtigen.
Beispiel: Jodgehalt von Eiern und Geflügelfleisch
Die Jod-Anreicherung der Futtermittel von Geflügel führte in der Studie zu einem Anstieg des Jodgehaltes in Eiklar (16 %) und Eigelb (84 %) sowie im Gesamt-Ei. Ebenso wurde Jod in Abhängigkeit von der Futterjodierung im Fleisch nachgewiesen.
Die Jod-Konzentrationen im Ei sind deutlich höher als im Fleisch: Im Muskelfleisch bleibt der Jodgehalt so gering, dass sie nach Einschätzung der Wissenschaftler nicht maßgeblich für die Jod-Versorgung ist.
Dagegen deckt bereits ein Ei eines Huhnes, das 6 mg Jod/kg Futter erhalten hat, etwa 50 % des Jod-Tagesbedarfs eines Erwachsenen.