Zu viel Jod kann krank machen
Auch wenn manche Zusammenhänge noch nicht abschließend erforscht sind, ist heute unbestritten, dass zu viel Jod auch krank machen kann. Experten gehen davon aus, dass heute etwa die Hälfte aller Deutschen an einer Erkrankung der Schilddrüse leidet. War früher in erster Linie der Jodmangel hierfür verantwortlich, so spricht der Anstieg von Erkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, dass auch ein Jodüberschuss Krankheiten auslösen kann.
Die Erfahrungen aus der Therapie von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse sprechen ebenso dafür wie neuere medizinische Studien und Erfahrungen aus Ländern mit gesetzlich verordneter Salzjodierung. In Österreich etwa beobachten Mediziner seit der flächendeckenden Jodierung von Speisesalz einen Anstieg von Schilddrüsenkrebs bei Jugendlichen.
Inzwischen liegen zahlreiche Studien vor, die eine erhöhte Jodaufnahme mit bestimmten Krankheiten in Zusammenhang bringen.
Schon bei leicht erhöhter Jod-Aufnahme steigt die Häufigkeit von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Ebenso begünstigt zu viel Jod eine unnormale Ausschüttung des Tumornekrosefaktors und damit den vorprogrammierten Zelltod von Schilddrüsen-Epithelzellen.
Hashimoto-Thyreoiditis:
Die genauen Ursachen dieser chronischen Entzündung der Schilddrüse sind noch unklar. Experten nehmen an, dass inzwischen 10 % der Deutschen von dieser Erkrankung betroffen sind.
Offenbar löst zu viel Jod bei entsprechender genetischer Disposition die Krankheit aus und beeinflusst ihren Verlauf negativ.
Ursache hierfür ist, dass Jod die Antigenpräsentation des Immunsystems fördert. Außerdem werden durch Jod die Zellen, die für die Autoimmunprozesse verantwortlich sind, in ihrem Wachstum gesteigert und aktiviert.
Der ständige Anstieg der Krankheitshäufigkeit von Hashimoto Thyreoiditis, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern, hat zahlreiche Wissenschaftler veranlasst, nach die Ursachen dafür zu suchen. Dabei fanden sich deutliche Hinweise, dass diese chronische und irreversible Entzündung der Schilddrüse mit erhöhten Jodkonsum in Verbindung gebracht werden kann. Neben einer genetischen Disposition (bad genes) sind zusätzlichen Auslöser (bad luck) dafür verantwortlich, dass Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis zum Ausbruch kommen.
Potentielle Auslöser sind unter anderem körperlicher oder psychischer Stress, Änderungen des Hormonhaushaltes wie in Pubertät oder Schwangerschaft und eben auch eine hohe Jodzufuhr.
Einen Beweis dafür, dass es einen Zusammenhang von hohem Jodkonsum und Hashimoto-Thyreoiditis gibt, sehen Studien darin, dass in allen Ländern, in denen eine flächendeckende Jodprophylaxe durchgeführt wird, ein besonders hoher Anteil der Bevölkerung an Hashimoto-Thyreoiditis erkrankt ist. In Deutschland liegt der Anteil bei 10 %, wobei aber nur ein Fünftel der Betroffenen von der Erkrankung weiß. Wie bei den meisten Autoimmunerkrankungen sind es vorwiegend Frauen, die erkranken. Das Verhältnis Frauen zu Männer beträgt bei Hashimoto-Thyreoiditis etwa 9:1.
Diese chronische Schilddrüsenentzündung ist in der Regel eine lebenslange Krankheit, die unbehandelt zahlreiche Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen oder Gewichtszunahme verursacht.
Außerdem treten in etwa 25% andere Autoimmunerkrankungen als Begleiterkrankung auf: Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Leaky Gut Syndrom, Zöliakie, Autoimmungastritis, Rheuma, Autoimmunhepatitis, Nebennierenschwäche, Vitiligo, Multiple Sklerose, Diabetes mellitus und Endometriose.
Schilddrüsenüberfunktion
Die Schilddrüse produziert bei einer Schilddrüsenüberfunktion übermäßig viele Schilddrüsenhormone. Durch zusätzliche Aufnahme von Jod wird die Produktion weiter angeregt, weil die Schilddrüse Jod als Baustein für die Synthese von T3 und T4 benötigt.
Im Organismus entsteht ein entsprechendes Überangebot, das sich in den unterschiedlichsten Symptomen äußert: starke Schweißproduktion, Gewichtsverlust, Nervosität, Zittern, Muskelschwäche, Schlaflosigkeit, Haarausfall, Zyklusstörungen, vorübergehende Unfruchtbarkeit, krankhafte Herztätigkeit (Sinustachykardie, Extrasystolen, Vorhofflimmern) und Osteoporose. Lebensgefährlich ist eine thyreotoxische Krise mit Agitation und Bewusstseinsstörungen und kann bis zum Koma führen.
Jodunverträglichkeit (Jodismus)
Bereits leicht erhöhte, noch im Milligrammbereich liegende Dosen von Jodverbindungen können Haut und Schleimhäute reizen. Diese Jodunverträglichkeit wird als „Jodismus“ oder „Jodallergie“ bezeichnet. Typische Symptome sind Schnupfen („Jodschnupfen“), Konjunktivitis (Entzündung der Bindehaut), Bronchitis und Exantheme (akut auftretender Hautausschlag), Kopfschmerzen und Gastroenteritis.
Besonders sensibel reagieren ältere Menschen, die mit einem Jodmangel aufgewachsen sind.
Aus immunologischer Sicht scheint anorganisches Jod in seiner Struktur zu klein, um als Fremdstoff vom Körper erkannt zu werden und allergen wirken zu können. Allergische Reaktionen gegen jodhaltige Röntgenkontrastmittel, Desinfektionsmittel oder manche Medikamente sind gut bekannt. Auslöser ist offenbar nicht allein der Jodanteil, sondern das größere organische Trägermolekül, also die komplexe Jodverbindung.
Manche Forscher vermuten als Auslöser allergischer Reaktionen, neben dem erhöhten Jod-Angebot, einen Mangel an Antioxidantien im Organismus, sodass jodhaltige Eiweißverbindungen mit allergenem Potenzial gebildet werden.
Die sog. „Jodakne“ ist ebenfalls eine mögliche Unverträglichkeitsreaktion. Derartige Hautveränderungen treten aber nur auf, wenn täglich Jodmengen im Milligramm- und Grammbereich verzehrt werden.
Eine Jodzufuhr in solchen Mengen ist z. B. durch die Einnahme jodhaltiger Medikamente möglich, aber nicht über die normale Ernährung.
Jodüberdosierung (Jodexzess)
Ist die tägliche Jodzufuhr chronisch erhöht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, eine schwerwiegende Erkrankung der Schilddrüse zu erleiden. Zum Beispiel finden sich nach Einnahme von mehr als 500 µg Jod pro Tag über ein Jahr hinweg gehäuft Schilddrüsen-Autoantikörper im Blut.